Die Anfänge des autonomen Fahrens in den 1980er Jahren waren eher im universitären Umfeld angesiedelt. Hieraus gingen erste große Projekte und Demonstrationen zusammen mit der Industrie hervor. In den 2000er Jahren brachten die DARPA Grand Challenges die Forschung einen großen Schritt nach vorne. Anschließend wurde die Entwicklung von Assistenz- und Autonomiefunktionen von Start-Ups und der Automobilindustrie aufgegriffen. Daraus sind als Produkt schon viele Fahrerassistenzsysteme und erste straßenzugelassene (teil)automatisierte Funktionen entstanden, allerdings bei weitem nicht in dem Tempo, wie anfangs euphorisch angekündigt - das autonome Fahren ist immer noch auf bestimmte Bereiche begrenzt. Mit Einsatzszenarien im unstrukturierten Umfeld, weit abseits von Autobahn und Innenstadt, beschäftigt sich dagegen nur ein kleiner Teil der Forschung, unter anderem das Institut für Technik Autonomer Systeme an der UniBw München. Ein thematischer Schwerpunkt dieser Arbeit liegt in der Konzeption und dem Aufbau von autonomen Versuchsfahrzeugen, um damit die Grundlagen für die Forschung zu legen. Hierbei werden Fragen nach Basisfahrzeugen, geeigneter Sensorik zur Eigen- und Umweltwahrnehmung genauso behandelt wie flexible Rechnerarchitekturen, Energieversorgung, die zur Fahrzeugansteuerung notwendige Aktorik und schlussendlich ein für den Forschungsbetrieb geeignetes Sicherheitskonzept. Am Institut wurden nach diesen Konzepten Forschungs-Versuchsfahrzeuge aufgebaut, die MuCARs (Munich Cognitive Autonomous Robot Cars). Zusammen mit Partnern aus der Industrie wurden außerdem zwei Bundeswehr-LKW sowie drei Fahrzeuge für den automatisierten Gütertransport umgerüstet. Neben den Hardware-Komponenten werden zudem grundlegende Software-Module benötigt, um Algorithmen zur maschinellen Wahrnehmung, Verhaltensgenerierung und Bahnplanung entwickeln und testen zu können. Im Rahmen dieser Arbeit wurden dazu die Grundlagen zur Inter-Prozess-Kommunikation gelegt, über die alle Informationen von rohen Kamera-, LiDAR- und Radar-Daten bis hin zu den finalen Stellgrößen für die Fahrzeugansteuerung ausgetauscht werden, und viele der Schnittstellen zur Fahrzeug- und Umweltrepräsentation definiert. Eine essentielle Grundfunktionalität für ein autonomes Versuchsfahrzeug ist eine präzise Eigenbewegungsschätzung und Lokalisierung, ohne die die Wahrnehmungs- und Navigationsalgorithmen nicht arbeiten können. Für diesen Zweck wird ein Algorithmus vorgestellt, der flexibel alle an den Fahrzeugen vorhandenen Sensoren wie GNSS-Empfänger, IMUs oder Raddrehzahlsensoren, in einem modularen Framework integriert, um auch mit günstigen Sensoren eine robuste und präzise Schätzung erzielen zu können. Eine Redundanz wird hier sowohl durch die gegenseitige Stützung komplementärer Sensoren als auch mehrerer gleichartiger Sensoren ermöglicht. Als dritter Schwerpunkt wird eine aus Missionen, Aufgaben und Verhaltensweisen bestehende Architektur vorgestellt, die die Ergebnisse der unterschiedlichen, von KollegInnen entworfenen Wahrnehmungs- und Navigationsmodule miteinander verknüpft, um damit auch komplexe Szenarienabfolgen abbilden zu können. Die vorgestellten Fahrzeuge und Konzepte bewährten sich auch bei internationalen Wettbewerben, wie die Erfolge bei den regelmäßigen Teilnahmen an der ELROB (European Land Robot Trial) zeigen.
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