Die Versorgung der mit Heißgas beaufschlagten Komponenten einer Gasturbine mit Sperr- oder Kühlluft übernimmt das sogenannte Sekundärluftsystem. In Flugzeugtriebwerken liefert es darüber hinaus Druckluft an externe Verbraucher (z.B. Klimaanlage oder Enteisungssystem). Die Luft für das Sekundärluftsystem wird, abhängig vom jeweiligen Druckbedarf, in den mittleren und hinteren Stufen der meist mehrstufigen Axialverdichter durch das sogenannte Abblase-Luftsystem entnommen. Bei der Auslegung von Abblase-Luftsystemen müssen die im System auftretenden Druckverluste bereits frühzeitig bestimmt werden, um sicherzustellen, daß das System schließlich im Betrieb jederzeit den geforderten Luftmassenstrom mit einem definierten Druckniveau zur Verfügung stellen kann. Hierzu werden üblicherweise empirische Druckverlustkorrelationen verwendet, die durch Versuche an meist zweidimensionalen Modellen gewonnen wurden. Da es sich bei real ausgeführten Komponenten um dreidimensionale Bauteile handelt und deren gegenseitige Beeinflussung nicht ausgeschlossen werden kann, bestehen Unsicherheiten bei der Auslegung. Ziel der dieser Arbeit zugrunde liegenden Untersuchungen ist es, mit aerodynamischen Messungen an einem für mehrstufige Axialverdichter typischen Abblase-Luftsystem ein möglichst genaues Bild von den dort herrschenden Strömungsverhältnissen und den daraus resultierenden Druckverlusten zu erhalten. Die Untersuchungen werden an einer generischen Modellgeometrie eines Abblase-Luftsystems bestehend aus den Komponenten Entnahmeschlitz, Verteilerkanal und Entnahmestutzen durchgeführt. Die Modellgeometrie ist in Form einer Meßstrecke in einem geschlossenen Modell-Windkanal implementiert. Bei den Messungen kommen sowohl pneumatische als auch laseroptische Meßtechniken zum Einsatz. In der vorliegenden Arbeit werden der Versuchsaufbau detailliert beschrieben, sowie die Ergebnisse ausführlich dokumentiert und diskutiert. Die Messungen zeigen, daß die höchsten Totaldruckverluste des Abblase-Luftsystems im Entnahmeschlitz aufgrund einer abgelösten Strömung entstehen. Im Verteilerkanal liegt eine sehr komplexe, dreidimensionale Strömungstopologie vor. Bei Veränderung der Abblaserate oder der Anordnung der Entnahmestutzen treten im Strömungsbild gravierende Unterschiede hinsichtlich Geschwindigkeitsverteilung und Wirbelanzahl auf. Die Strömungstopologie im Verteilerkanal beeinflußt erheblich den Eintrömvorgang in den Entnahmestutzen. Die dort entstehenden Zonen mit abgelöster Strömung können unter bestimmten Voraussetzungen zu einer Verblockung des Entnahmestutzens führen und somit den maximalen durch das System durchsetzbaren Massenstrom begrenzen. Das Betriebsverhalten des gesamten Abblase-Luftsystems wird somit hinsichtlich der Totaldruckverluste im wesentlichen vom Entnahmeschlitz geprägt, hinsichtlich des Durchflußverhaltens jedoch vom Entnahmestutzen. Die aus den Messungen gewonnene Datenbasis soll zur Weiterentwicklung von Korrelationen dienen, die eine rasche und effiziente Entwicklung von Sekundärluftsystemen ermöglichen. Zu diesem Zweck wurden auch Rechnungen mit einem derzeit in der Industrie verwendeten 1D-Netzwerkströmungslöser durchgeführt. Es zeigt sich, daß die im Strömungslöser bereits implementierten Standardkorrelationen zum Teil nur sehr unzureichend die gemessenen Ergebnisse wiederspiegeln konnten. Erst durch den Einsatz von aus Meßdaten gewonnenen Korrelationen können bessere Ergebnisse erzielt werden. Mit Hilfe der gewonnenen Daten können außerdem kommerzielle 3D-Navier-Stokes-Strömungslöser auf diesen Anwendungsfall validiert werden, um im Anschluss zu untersuchen, ob derartige numerische Verfahren künftig als ökonomisches und zuverlässiges Auslegungswerkzeug bei der Entwicklung von Sekundärluftsystemen verwendet werden können.
«Die Versorgung der mit Heißgas beaufschlagten Komponenten einer Gasturbine mit Sperr- oder Kühlluft übernimmt das sogenannte Sekundärluftsystem. In Flugzeugtriebwerken liefert es darüber hinaus Druckluft an externe Verbraucher (z.B. Klimaanlage oder Enteisungssystem). Die Luft für das Sekundärluftsystem wird, abhängig vom jeweiligen Druckbedarf, in den mittleren und hinteren Stufen der meist mehrstufigen Axialverdichter durch das sogenannte Abblase-Luftsystem entnommen. Bei der Auslegung von Abb...
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