Unser Ziel ist ein simulationsgestütztes Werkzeug für Neurointerventionalisten zur Langzeitverhaltensbewertung von endovaskulär behandelten zerebralen Aneurysmen. Direkt nach dem
Einsetzen der endovaskulären Devices (ED) beginnt die Thrombusbildung durch Flussreduktion und Interaktion mit dem Coil. Sekundäre Coilverdichtung durch pulsierenden Fluss oder intraaneurysmatische Thrombolyse sowie entzündliche Ausdünnung und Ausdehnung der Aneurysmenwand kann auch Wochen bis Jahre nach der Behandlung zu einem Rezidiv oder einer sekundären Aneurysmaruptur führen. Basierend auf unseren Phase 1 Ergebnissen, mechanischer Coiling- und Blutflusssimulationen im Aneurysma, auf porösen Medien basierenden Surrogatmodellen und Fluid-Struktur-Interaktion (FSI), fokussieren wir nun die o.g. Langzeitperspektive des Patienten und die Rezidivvorhersage. Dabei setzen wir auf eine modulare Fluid-Struktur-Festkörper (FSF)-Kopplung, die einen bidirektional gemischt-dimensionalen Ansatz
ermöglicht. Um das Potential verschiedener Diskretisierungen voll auszuschöpfen, werden nicht nur methodisch gekoppelte Modelle verschiedener Dimensionen, sondern auch die Kopplung moderner
Open-Source-Softwarepakete genutzt. Herausforderungen sind dabei die Komplexität hochgradig nichtlinearer biomechanischer Modelle, unterschiedliche Dimensionen von 0D-Windkesseln über 1D- und 2D-Strukturen bis hin zu 3D-Volumenmodellen und die Kopplung unterschiedlicher Datenstrukturen. Die in Phase 1 entwickelten in-silico Raymond-Roy-Okklusionsqualitätskriterien werden kalibriert und anhand experimenteller Daten unserer Kooperationspartner validiert. Im Bereich der EDs werden unsere komplexitätsreduzierten mechanischen Modelle um bioaktive Komponenten wie HydroCoils oder beschichtete Flowdiverter erweitert und Struktur-Struktur- Interaktionen einbezogen. Ausgehend von einem reduzierten Wandmodell werden biomechanische Modelle mit Entzündungsprozessen umgesetzt, die Materialeigenschaften der Wand verändern. Unsere Implementierung der gekoppelten FSI mittels Lattice-Boltzmann/Finiten Elementen wird auf einen FSF-Ansatz ausgeweitet, der das äußere Gewebe berücksichtigt, um den Ödembildungsprozess und den Thrombus im Inneren zu erfassen. Zur Quantifizierung und Vorhersage einer potenziellen Coilverdichtung wird ein phänomenologisches Kontraktionsmodell für den Thrombus entwickelt und mit der Wand- und Coilmechanik gekoppelt. Um die klinische Anwendbarkeit zu verbessern und den Neurointerventionalisten einen praktischen Nutzen zu bieten, wird maschinelles Lernen als Prognosewerkzeuge eingesetz und ein Softwaretutorial für virtuelles Coilingtraining erstellt. Zusammengefasst wird eine virtuelle Behandlungspipeline mit Modellierung und Algorithmen entwickelt, die von der Erfassung patientenspezifischer Daten über die Unterstützung der Coil-Wahl bei einem personalisierten Behandlungsplans bis hin zu einer Risikoanalyse für Rezidive und sekundäre Rupturen auf einer längeren, postoperativen Zeitskala reicht.
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